Die Minuten, Stunden und Tage fließen ineinander. Seit gut einer Woche sind wir nun unterwegs. Inzwischen haben wir Mittelschweden erreicht und kommen der ersehnten Ruhe in der Wildnis mit jedem Tag ein wenig näher. Umringt von wunderschönen, endlos scheinenden Wäldern haben wir einen kleinen Stellplatz direkt am Ufer eines Sees gefunden. Hier kommen wir das erste mal seit unserer Abfahrt so richtig zu Ruhe.
Ich sitze auf meinem Campingstuhl und tippe die Gedanken, die mir im Kopf herumschwirren in die Tasten. Wenige Zentimeter vor mir schlagen die Wellen des Sees stetig sanft ans Ufer. Das beruhigt mich uns lässt meine Gedanken klarer werden. Links neben mir auf dem Kies liegt Emil und blickt seit Stunden wie gebannt in die Ferne. Auch er ist dabei anzukommen. Anzukommen im unterwegs sein. Er lässt Jonathan nicht aus den Augen, der mit dem Kanu auf den See gefahren ist, um sein Glück mit den Fischen zu versuchen.
Der Hund ist ein Geschenk und oft habe ich das Gefühl mich selbst in ihm zu sehen. Manchmal beobachte ich ihn, wie er seine Nase in den Wind streckt und sich seine Nasenflügel leicht heben, dann versuche ich mir vorzustellen wie es wohl ist, so viele feinste Geruchsnuancen wahrzunehmen. Was er wohl riecht? Vielleicht sogar das Feuer auf der anderen Seite des Flusses? Wir werden es nie erfahren. Vor der Reise war mir nicht bewusst, wieviel Raum er einnehmen würde. Leider ist er ganz und gar nicht von der Fahrerei begeistert und sitzt stundenlang hechelnd und zitternd im Van und kann es kaum erwarten dass die Fahrt ein Ende nimmt. Den Van mit Hund sauber zu halten scheint auch eine niemals endende Geschichte. Aber als Stiefmama muss ich mich an all das gewöhnen.
Seit Tagen sind wir beschäftigt mit Aufgaben die wir sonst für selbstverständlich halten und die wir in unserem Alltag zuhause immer nur nebenbei erledigten. Angefangen bei der Stellplatz suche für die Nacht bis hin zur Frage wo wir unseren Frischwassertank wieder auffüllen können.
Für das Waschen unserer schmutzigen Klamotten brauchen wir Stunden. Nachdem wir trockenes Holz für das Feuer gesammelt haben, erhitzen wir das Wasser aus dem Fluss in unserem großen Kessel und übergießen die Wäsche in einer Kiste mit etwas Waschmittel. Anschließend wird geschrubbt und gewringt. Zu guter letzt spülen wir alles noch einmal mit kaltem Frischwasser aus und hängen die Klamotten zum trocknen in die Sonne.
Zuhause in meinem Alltag hatte ich oft das Gefühl auf der Suche nach dem Sinn in all meinen Tätigkeiten das Wesentliche aus dem Auge zu verlieren. Auf der Reise füllt sich unser Tag nun mit Aufgaben, die sich von selbst ergeben. Die Sinnfrage stellt sich mir hier gar nicht erst. All das erleichtert es mir mich mehr mit dem Jetzt zu verbinden.
Wenn die Dämmerung langsam anbricht und wir in unserem Kanu auf den See hinaus paddeln, die Angeln ausgeworfen in erwartungsvoller Spannung. Wenn wir über den weichen, mit Moos bedeckten Waldboden laufen, ganz sanft und leise. Dann fangen wir an zu flüstern. Das sind für mich ganz besondere Momente, in denen wir so sehr eins mit der Natur werden, dass wir ihre Ruhe nicht stören möchten.