
Seit ein paar Wochen reisen wir gemeinsam mit Kristina, der Schwester von Jonathan und ihrem Freund Sandro. Sie haben sich ihren Van selbst ausgebaut und sind dann Anfang Februar Richtung Italien aufgebrochen. Ich finde es spannend, wie sich das Leben im Van für andere Menschen anfühlt und wie es sie bewegt. Im folgenden Text beschreibt Kristina ihre Gedanken auf eine ehrliche und nahbare Weise. Sie nimmt uns mit auf ihre ganz eigene Gedankenreise.
Vanlife
Was fällt einem da als Erstes ein?
Freiheit, Reisen, Minimalismus, Unbeschwertheit, Natur, Zuhause auf Rädern…
Ich denke für mich war der wichtigste Aspekt die Freiheit. Ich kann den ganzen Tag machen was ich will, muss mich nicht zu einer bestimmten Uhrzeit aus dem Bett zur Arbeit quälen oder habe mal wieder so viele Termine die Woche, dass ich nicht weiß wie ich das alles schaffen soll. Die Freiheit zu haben überall mit unserem kleinen Zuhause hinzureisen – wohin wir auch möchten. Abende am Lagerfeuer, Yoga am Strand, Frühstück im Bett mit Blick auf die schöne Natur.
Für mich war Vanlife immer verknüpft mit einem nahezu perfekten Leben. So wird es einem ja auch meist vorgelebt in den sozialen Medien.
Und ja, das stimmt auch. Alles was ich hier geschrieben habe, all die schönen Dinge sind nun unser Alltag im Van.


Doch was es wirklich bedeutet mit einem Van umherzureisen, das war mir wirklich nicht bewusst. Schnell wird mir in den ersten Wochen unserer großen Reise, die ungefähr ein Jahr dauern soll bewusst, dass Vanlife doch nicht immer nur Freiheit bedeutet. So muss man eben schnell mal 5 Stunden in einer lauten, dreckigen Stadt verbringen, weil die Wäscherei ebenso lange braucht um all unsere ganzen Kleider zu waschen. Stellplätze neben Friedhöfen, Müllhaufen, stinkendem Abwasser gibt es auch manchmal. Doch Abends im Dunklen will dann doch niemand weiterfahren und man bleibt eben eine Nacht auf solchen Stellplätzen stehen.
Ganz abgesehen davon, dass ich den Text hier schreibe und nicht weiß wann ich zuletzt geduscht habe, wir uns ständig um Wasser, Abwasser und genügend Strom kümmern müssen, ist die größte Erkenntnis der letzten Wochen: „Man nimmt sich selbst ja auch mit auf diese Reise.“ All die innerlichen Prozesse, Glaubenssätze, alten Muster und Ängste, die sind mit dabei im Gepäck. Sie können manchmal das wirklich wunderschöne Leben was Vanlife einem bietet „zerstören“.
Das Leben im Bus ist langsamer, alles braucht seine Zeit – vom Aufstehen, Kaffee machen, frühstücken, waschen und anziehen, bis man schließlich den Bus abfahrbereit hat, vergehen mindestens 2-3 Stunden. Selbst dann muss man rechts ran fahren weil mal wieder eine Schublade aufgegangen ist, die Fenster noch offen sind, oder etwas durch die Gegend fliegt.
Durch Jonathan und Fanny haben wir gelernt: „Regel Nummer 1: es wird eine Sache am
Tag erledigt, alles andere ist zu viel. Nur einkaufen oder nur Wasser auffüllen oder nur Wäsche waschen…😅“
Nach meinem schnelllebigen Alltag in Deutschland finde ich Gefallen an dieser Regel. Dies bedeutet aber auch mehr Zeit. Mehr Zeit zum einfach nur dasitzen und aufs Meer zu schauen, mehr Zeit um sich zu überlegen wie man diese Zeit füllen möchte, mehr Zeit zum Nachdenken, mehr Zeit um innerliche Prozesse zu beobachten. Was in Deutschland keine Zeit hatte ans Licht zu kommen, zeigt sich hier recht schnell.


Auf Reisen im Van wird man mit ganz anderen Aufgaben konfrontiert als im Arbeitsalltag. Wir müssen uns den Tag selbst strukturieren, Routinen entwickeln, auf engem Raum 24/7 zusammenleben, uns Freiräume schaffen. Zudem kommt hinzu, dass die schöne Natur, der Blick aufs Meer, die freie Zeit, schnell selbstverständlich werden. Dabei ist es das ganz und gar nicht. Es ist ein Privileg das alles zu erleben. Ein Geschenk, so eine Reise machen zu dürfen. Es ist wichtig, dankbar zu bleiben für die Kleinen und Großen Dinge im Leben.
Ich lerne mich Selbst, und sogar meinen Partner der seit 12 Jahren an meiner Seite ist, nochmals ganz anders kennen. Jeder durchlebt seine eigenen Krisen und Probleme, doch meistern tun wir sie gemeinsam.


Liebe Tine, sehr angenehm dich an dieser Stelle zu lesen, wie einfühlsam und selbstreflektiert du dich/ euch beschreibst…Ich bewundere euch junge Leute. Und das Foto von dir und Sandro, nach sooo lange Zeit Zweisamkeit strahlt so viel Freude und Vertrauen aus…..Wir wünschen euch weiterhin viel Spaß zur Viert und schöne Erlebnisse, Sonnenuntergänge…die Natur ist ein Hammer. Liebe Grüße an Alle